Odessa – der Name der Hafenstadt klingt schon besonders, oder? Einen ähnlichen Klang hat „Lissabon“. Wobei beide Städte grundverschieden sind. Odessa habe ich als eine eine stolze und lebendige Stadt empfunden. Eine Stadt, die für mich kaum mit anderen von mir bisher besuchten Städten vergleichbar ist. Das Wort „Stadt“ fällt hier nicht unbeabsichtigt so häufig, Odessa ist verdammt städtisch. Über eine Million Menschen leben hier. Viele verschiedene Nationalitäten und Kulturen treffen aufeinander. Die Ukrainer bilden zwar die Mehrheit der Einwohner, jedoch leben hier auch viele Russen und laut Stadtführungen noch über 120 weitere Bevölkerungsgruppen. Das macht alles bunt und spannend, bedeutet aber auch das Vorhandensein gewisser Spannungsfelder. Odessa ist kontrastreich.
Zwischen bröckelndem Putz und Hochglanzfassaden, Porsche-Wagen und 30 Jahre alten Omnibussen, zwischen Zeichen, die an grausame Vorfälle der letzten Jahre erinnern und noch so frisch sind, und dem unbeschwerten Alltag am Strand nebenan. Auf der Promenade sammeln sich junge Mädchen um einen Rockmusiker, während um die Ecke auf dem zentralen Platz vor der Potemkinschen Treppe ein spontanes, kleines klassisches Konzert zelebriert wird. In Odessa lebt jeder irgendwie sein Leben, alles ist in Bewegung – wohin es geht…? Gute Frage.
Welche Sprache wird in Odessa gesprochen?
Trotz, dass du dich hier in der Ukraine befindest, wird hauptsächlich Russisch gesprochen, was mit der turbulenten Geschichte der Stadt zusammenhängt. Während ich im Norden der Ukraine, in Lemberg, noch freundlich darauf hingewiesen wurde, „Danke“ auf Ukrainisch zu sagen, also „Djakuju“, nachdem ich ins Fettnäpfchen trat und es auf Russisch sagte, geschah mir in Odessa das gleiche. Nach über einer Woche hatte ich mir doch endlich „Danke“ auf Ukrainisch eingeprägt und wurde dann mit einem leicht müden Lachen darauf hingewiesen, dass man in Odessa „Spasibo“ sage. Jut!
- In Odessa spricht man meist Russisch.
Wo liegt Odessa?
Direkt am Schwarzen Meer im Süden der Ukraine. Nicht weit entfernt von Moldavien und Rumänien. Auch Istanbul ist per Seeweg nicht allzu weit entfernt. Erreichbarkeit: Es gibt einen Flughafen, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat, einen großen Bahnhof mit endlos langen Gleisen und auch einen Fernbusbahnhof. Ich kam mit dem Auto in Odessa an – kostenlose Parkplätze zu finden ist nicht so leicht, aber nach 10–15 Minuten suchen bietet sich oft eine Chance. Kostenpflichtige Parkplätze gibt es auf jeden Fall. Von Berlin nach Odessa kommst du mit dem Flieger in unter 3 Stunden. Trotz dass du nicht soweit geflogen bist, tauchst du in eine andere Welt ein.
Odessa, was tun?
Wenn du Lust auf Sightseeing hast, kannst du damit getrost etwas länger beschäftigt sein. Die bekanntesten Sehenswürdigkeiten sind wohl die Potemkinsche Treppe, das Opernhaus und das Archäologische Museum. Wenn du Lust auf eine Abkühlung oder Meerblick hast, geh runter zum Stadtstrand. Laufe lieber nicht viel barfuß dort, da du sonst auf Zigarettenkippen oder Glasscherben treten könntest. Zumindest der Lanzheron-Strand ist nicht der sauberste.
Spaziere einfach durch die Stadt und schau dir die vielen detailreichen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert an. Mit ihren verspielt-verschnörkelten gusseisernen Balkongittern konnte ich mich kaum an ihnen sattsehen. Auf die Balkone selbst möchte ich aber meist lieber keinen Fuß setzen. Einsturzgefahr. Parks und Grünflächen mit vereinzelt platzierten Denkmälern und Springbrunnen findest du in Odessa einige.
Einen Opernbesuch solltest du bei deinem Odessa–Urlaub schon einige Tage im Voraus planen, die Vorstellungen sind meist gut besucht. Beachte, dass sich die Bewohner dafür enorm herausputzen. Rund um das Operngebäude bemerkte ich wenige Stunden vor der Aufführung auffällig viele wallende Kleider und extravagante Outfits. Viele treffen sich vor der Oper zum Abendessen. Falls du die Oper nicht besuchen solltest, empfehle ich dir, auf einer Bank Platz zu nehmen und dir das Schaulaufen zu Gemüte zu ziehen.
Dem Nachtleben von Odessa bin ich ferngeblieben, jedoch gibt es eine durchaus ausgeprägte Partyszene. Du hast die Wahl zwischen vielen Clubs und Bars, und einer nicht geringen Anzahl an Stripclubs. Strippen, das führt mich mehr oder weniger elegant zum Stichwort Sextourismus: Bis auf eine Prostituierte am Straßenrand vor den Toren der Stadt, fiel mir in den Tagen, die ich dort verbrachte, nichts Offensichtliches auf.
Sehenswürdigkeiten Odessa
Potemkinsche Treppe
Potemkinsche Treppe. Keine Schönheit, jedoch sehr bezeichnend für die Stadt. Geschichtsträchtig (zumindest die Umgebung der Treppe), wild und vielfältig: 192 Stufen, auf denen musiziert, getanzt, gesoffen, gebettelt und geknutscht wird. Du kannst hier Platz nehmen und deinen Blick über das Schwarze Meer schweifen lassen. Es führt übrigens in Hafenblickrichtung rechts neben der Treppe ein Fahrstuhl hinunter (unter 50 Cent) und hinauf.
Kathedrahle in Odessa
Zufällig wurde ich Zeugin des Besuchs eines hochrangigen Mitgliedes der Kirche. Es war früh am Morgen, da fuhr die Limousine vor, ein auffällig gekleideter Mann trat hervor und Menschen ließen sich von ihm segnen (ich entschuldige mein gefährliches Halbwissen über Begriffe der Kirche). Ich beobachtete das Schauspiel aus gewisser Entfernung, denn ohne Kopfbedeckung sollte man sich nicht unbedingt nähern, wenn so eine wichtige geistliche Person vor Ort ist. Und schon gar nicht in die Kirche gehen ohne ein Tuch, was die Haare bedeckt. Tücher für Touristen werden häufig am Eingang von Dritten gegen eine freiwillige Spende verteilt.
Kirchen in Odessa
Es gibt viel zu sehen in der Hafenstadt – in den 2 – 3 Tagen, die ich dort verbrachte, konnte ich nur einen Bruchteil erleben. Verpasst habe ich zum Beispiel eine Seilbahn zum Meer, die dich direkt runter zum Wasser bringt. Auch die Katakomben sollen sehenswert sein.
Strand Odessa
Strände in Odessa – es gibt einige. Ich war am Lanzheron–Strand nahe des Delfinariums. Dieser ist vom Stadtzentrum aus am schnellsten zu Fuß zu erreichen. Hier kannst du dir Liegen mieten oder dich einfach mit einer Decke vorne hin platzieren. Mir war der Strand allerdings viel zu gut besucht, sodass ich nur schnell in die Fluten sprang und dann kurz trocknete. Gut für eine Abkühlung nach langen Spaziergängen durch die Stadt! Eintritt wird nicht fällig.
…und wann haben Tauben warme Füße?
Als Berlinerin sind Tauben für mich nicht unbedingt exotische Lebewesen. Ich treffe sie täglich. In Metropolen tauchen sie meist scharenweise auf, es gibt schließlich genügend Futter. In Odessa gibt es auch viele von ihnen. Normalerweise sind sie nicht handzahm. Durch Körner angelockt, ist es ihnen jedoch relativ egal, wo sie Platz nehmen. Ja, sie sind Träger von Krankheitserregern und normalerweise sollte man mit den gefiederten Stadtwesen nicht kuscheln.
Auf großen touristischen Plätzen stehen manchmal Menschen mit Taubenfutter auf den Händen, meist umschart von unzähligen Vögeln. Gegen eine „Gebühr“ darf man sich ein paar Körner kaufen und die Tauben aus der Hand fressen lassen. Nein, dafür würde ich prinzipiell nicht bezahlen. Man macht die Tiere damit auch irgendwie abhängig und überhaupt.
In diesem Fall war es anders: Ein Taxifahrer in Odessa war umgarnt von Tauben, auf seinem Auto, der Laterne nebenan, kurzzeitig auf seinem Arm – sie waren überall…er hatte Futter dabei und als er meine staunenden Blicke sah, streute mir kurzerhand etwas davon auf die Hand. Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, saß die Taube schon auf dieser. Ganz vorsichtig hielt sie sich an meinen Fingern fest und pickte Korn für Korn. Behutsam und ohne, dass ich es unangenehm empfand, verspeiste sie das Futter. Und sie hatte so warme Füße, so viel wärmer als meine Hand. Nun, als sie fertig war, flog sie davon und auch, wenn ich nicht für Stadttier-Fütterung in diesem Sinne bin, wollte ich dem Taxifahrer ein bisschen Geld für das Futter geben. Er lehnte jedoch dankend ab, meinte, die Tauben wären sowas wie seine Freunde, warteten schon früh am Morgen immer am Taxistand auf ihn, weil er immer ein paar Körner in der Tasche hätte. Er verdiene genug als Taxifahrer, sei zufrieden und wünsche noch eine gute Reise.
Dass die Taube warme Füße hatte, war übrigens wohl ein gutes Zeichen. Das bedeute nämlich neben glänzendem Gefieder und klaren Augen, dass sie gesund sei. Zumindest allgemein. Abgesehen von den krankheitsübertragenen Tauben, sie sich – natürlich nur von dir gewollt auf dein Risiko – auf dich setzen…
…ist es sicher in Odessa?
Ich habe vor meiner Reise die Seite des Auswärtigen Amtes gecheckt. Dort gibt es (Stand: 09/18) noch immer eine Teilreisewarnung für die umkämpften Gebiete (die ein ganzes Stück entfernt sind) und die Halbinsel Krim (die nicht so weit weg ist). Auf die Krim kannst du theoretisch reisen, jedoch dann nicht mehr zurück in die Ukraine.
Mein absolut subjektives Sicherheitsempfinden: Ich hab mich relativ sicher gefühlt. Es gab keine Situation, die mich stark verunsichert hätte. Das Gebiet rund um den Hafen unten ist sehr weitläufig und teilweise menschenleer, dort würde ich nachts nicht unbedingt entlanglaufen.
Odessa ist spannend! Aber ich muss sagen, dass mir die Eindrücke von 2x 1,5 Tagen auch erstmal genug waren. Ein abwechslungsreicher Städtetrip, der auch erstmal verarbeitet werden will. Die Ukraine hat wirklich viel zu bieten. Hier findest du noch 5 andere schöne Orte in der Ukraine.
Warst du schon einmal in Odessa? Teil doch gern deine Erfahrungen unten im Kommentar und gib Tipps, wenn du noch welche auf Lager hast :)!